Emotionen Sprache der Seele

#16 Aggressive Zwangsgedanken: Das Monster in meinem Kopf

Ich muss mich umbringen. Ich muss mich umbringen. Ich muss mich umbringen.

Das waren vor einigen Jahren die Gedanken, die von morgens bis abends in meinem Kopf ertönten. Ich hatte Angst. Unendlich große Angst. Angst vor mir und vor dem, was da in mir war. Angst vor meinen Gedanken und was wäre, wenn ich es „aus Versehen“ tun würde.

Ich hatte auch den Gedanken, jemand anderem aus einem Impuls heraus Schaden zuzufügen bzw. immer wieder die Befürchtung, ich hätte es bereits getan, ohne mich daran erinnern zu können.

Wie oft saß ich da und wusste nicht, ob ich „aus Versehen“ jemanden umgebracht hatte? Habe ich den Fahrradfahrer überfahren oder nicht? Wie oft lief ich voller Furcht und Verzweiflung hilfesuchend herum, aus Angst, mich „versehentlich“ selbst umzubringen, denn ich wollte nicht sterben.

Das war der Tiefpunkt in meinem Leben. Ich hatte zuvor Bekanntschaft mit Panikattacken, generalisierten Todesängsten und Depressionen gemacht. Immer wieder hatte ich in psychisch stressigen Zeiten den Gedanken, wenn das so weiter geht, spring ich aus dem Fenster.

Doch das toppte alles, was ich bis dahin kannte. Mein ganz persönlicher Albtraum. Ein Monster in meinem Kopf. Ich selbst war über Nacht gefühlt zum Monster mutiert.

Ich dachte: jetzt ist es amtlich. Ich bin vollkommen verrückt und wahnsinnig. Ich schämte mich zutiefst ob meiner aggressiven Gedanken, die mich selbst in Angst und Schrecken versetzten. Ein normales Leben war für mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.

Darüber redet man nicht, oder?

Ich stellte mir die Frage, ob ich als praktizierende Heilpraktikerin über meine eigene Krankengeschichte schreiben soll und darf. Wie reagiern die Patienten darauf? Was sagen die Menschen? Wird meine Praxis völlig verwaist sein, wenn ich meine Geschichte publik mache?

Ich habe mich bewusst für ein Öffentlichmachen meiner inzwischen geheilten Zwangserkrankung entschieden. Ich dachte damals, ich sei der einzige Mensch auf der Welt, der solch abartige Gedanken hat. Wenn meine Gedanken ans Tageslicht kommen würden, würde man mich für den Rest meines Lebens in eine Irrenanstalt sperren.

Tatsache ist jedoch, dass in Deutschland pro Jahr 3,8 % der erwachsenen Bevölkerung eine Zwangsstörung aufweisen. Das sind im Klartext rund 2,5 Millionen Menschen. HIER kannst du auf Wikipedia mehr lesen.

Deswegen habe ich beschlossen, dieses Tabu zu brechen und offen über meine aggressiven Zwangsgedanken zu sprechen. Die Betroffenen verheimlichen ihre Erkrankung aus Scham, Angst und Schuldgefühlen. Niemand redet darüber, weil die Betroffenen das Gefühl haben, sie wären damit allein. Keiner redet darüber, weil einfach keiner darüber redet.

Deswegen rede ich darüber. Offen und ehrlich. Denn es betrifft mehr Menschen, als wir ahnen. Die Dunkelziffer ist hoch.

Ich möchte dir Mut machen

Ich möchte dir zeigen, dass du damit nicht allein bist. Du bist kein Monster. Anhand meiner eigenen Geschichte möchte ich dir Mut machen. Es ist möglich, einen Weg aus den aggressiven Zwangsgedanken zu finden. Denn heute stehe ich wieder sicher im Leben und kann mit Stolz sagen, dass diese Gedanken der Vergangenheit angehören.

Und wenn ich es geschafft habe, mich davon zu befreien, dann kannst du es auch schaffen.

Wie entstehen aggressive Zwangsgedanken?

Zahlreiche Psychologen gehen davon aus, dass sie auf ein unbefriedigtes Verlangen nach Ausdruck des eigenen Selbst zurückzuführen sind, oder auf Versuche, Gefühle wie Angst vor Verwundbarkeit oder Unsicherheit zu überwinden. Es besteht ein starkes Kontrollbedürfnis von aggressiven Gedanken und Impulsen. (Siehe Wikipedia-Link).

Ich war in meinem Leben noch nie wirklich wütend. Wut und ich waren bis dahin zwei Planeten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Ich war immer lieb, brav, nett und angepasst. Ich bin mit enorm hohen moralischen Ansprüchen an mich selbst und meine Umwelt aufgewachsen. Gut und Böse, richtig und falsch, das war alles streng geregelt. Wut fand dort keinen Platz. Ein Fehltritt hätte in meiner Kindheit fatale Folgen gehabt. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich gerne zu einem anderen Zeitpunkt mit dir teile.

Die aggressiven Zwangsgedanken schlugen in meinem Kopf ein wie eine Bombe. Der Startschuss war die Nacht, in der mich meine Schwester anrief. Sie teilte mir mit, dass sie soeben ihren Sohn getötet hat und sich nun selbst umbringen wird, was sie auch in die Tat umsetzte.

Dieses traumatische Schockerlebnis hat meine Welt komplett auf den Kopf gestellt. Nichts passte mehr zusammen. Plötzlich war nichts mehr sicher. Das kann nicht sein. Meine Schwester, immer lieb, freundlich, zuvorkommend, hilfsbereit, meine geliebte Schwester. Sie sollte einen Menschen getötet haben? Wenn meine Schwester dazu in der Lage ist, ihren Sohn und sich selbst umzubringen, wer garantiert mir dann, dass nicht auch ich dazu in der Lage wäre? Schließlich ist sie ja meine Schwester und wir sind vom gleichen Blut.

Von da an hatte ich panische Angst und die Zwangsgedanken hatten ihr gefundenes Fressen.

Hilfe holen

Ich habe bereits vieles in meinem Leben gemeistert. Doch für mich war klar, das schaffe ich nicht alleine. 24 Stunden am Tag hatte ich ausschließlich diese Gedanken in meinem Kopf: „Ich muss mich umbringen. Und ich habe Angst, dass ich jemand anderen umbringe, so wie meine Schwester – wenn ich es nicht bereits schon getan habe, ohne es zu wissen.“

Ich checkte in eine psychosomatische Akutklinik ein, um mich selbst und nach meinem damaligem Empfinden auch mein Umfeld zu schützen. Es brauchte noch einige Tage, bis ich den Mut hatte, gegenüber meiner Therapeutin den Hinweis zu äußern, dass ich solche Gedanken habe. Zu diesem Zeitpunkt war mein Leben etwas das ich irgendwie aushalten und ertragen muss. Ich habe nicht gelebt. Ich habe versucht zu überleben. Ich war mir sicher, dass mir meine Therapeutin nun bestätigen würde, dass ich verrückt bin.

Doch es geschah etwas ganz anderes. Meine Therapeutin sagte folgengen Satz zu mir:

Das ist eine normale Reaktion auf ein unnormales Ereignis.

Das ermöglichte mir eine völlig neue Sichtweise auf meine damalige Situation. Konnte es tatsächlich sein, dass ich nicht verrückt sondern normal bin?

Ich wusste bis dato nicht, dass es so eine Erkrankung gibt. Infolge dessen informierte ich mich über aggressive Zwangsgedanken, las soviel darüber wie ich konnte, tauschte mich mit meiner Therapeutin aus und beobachtete mich selbst.

Mir wurde schnell bewusst, dass meine aggressiven Zwangsgedanken als Ventil für meine unterdrückten Wutgefühle dienen.

Und da ich mein Leben lang nie gelernt hatte wütend zu sein, ja Wut sogar etwas moralisch verwerfliches für mich war, kannst du dir vorstellen, wie extrem dieses Ventil nun sprudelte.

Wer nicht fühlen will, muss hören

In meinem Fall war dies tatsächlich wörtlich zu verstehen. Ich hatte nie Wut in mir gespürt und musste die angestaute, bis dahin nicht wahrgenommene Aggression nun in Form von aggressiven Zwangsgedanken hören.

Falls du mehr zum Thema Gefühle und Basisemotionen erfahren möchtest: In meinem Blogartikel „Erlaube dir alle Gefühle zu fühlen“ gehe ich näher darauf ein.

Wie ich den Weg aus meiner Zwangserkrankung gefunden habe, welche Therapieangebote mir geholfen haben, welche Lösungen ich zusätzlich gefunden habe und wie ich in diesem Fluch einen Segen gefunden habe, erfährst du in meinen nächsten Blogartikeln: Aggressive Zwangsgedanken: Hilfe für Betroffene und Aggressive Zwangsgedanken: Fluch oder Segen?.

Heilung beginnt, wenn die Liebe in dir erwacht.
Alles Liebe für dich.

Cora von der Heyden

Bitte scheu dich nicht Hilfe zu holen, wenn du selbst betroffen bist, oder jemanden kennst, der an einer Zwangserkrankung leidet. Es gibt nichts, für das du dich schämen müsstest. Und es gibt nichts, das es zu befürchten gibt. Du kannst mir gerne eine E-Mail schreiben oder mich in meiner Praxis unter Tel.: 08374 – 5891775 kontaktieren.

Ich freue mich auf dein Feedback in den Kommentaren und tausche mich gerne mit dir auf Instagram und/oder Facebook aus.

Foto: Mathias Wild

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4 Kommentare zu “#16 Aggressive Zwangsgedanken: Das Monster in meinem Kopf

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